Bei der Fachtagung “Barrierefreier Notruf” fanden am 29. November 2016 im Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Berlin mehrere Vorträge über “Anforderungen und Kriterien des barrierefreien Notrufs für Menschen mit Hörbehinderungen” statt.
Herr Wolfgang Bachmann vom Deutschen Gehörlosenbund führte mit einem Beispiel in das Thema “Barrierefreier Notruf” ein. Er stellte ein Szenario vor, in dem ein hörgeschädigter Mensch nachts einen schweren Unfall verursacht und nun, verletzt und geschockt, versucht, einen Notruf an die Feuerwehr abzusetzen. Wie muss in diesem Szenario ein Notruf beschaffen sein? Der Notruf muss schnell und einfach, wenn möglich ohne Rückfragen, aber auch sicher an die Notruf-Leitstelle übertragen werden.
Herr Carsten Schneider vom deutschen Feuerwehrverband und Herr Andreas Korzinowski vom Ministerium für Inneres und Sport Niedersachsen stellten die bisherige Infrastruktur vom Absenden eines Notrufs bis zum Eingang in die Notrufleitstelle dar. Über das Festnetz kann häufig auch der Standort festgestellt werden, falls der Anrufer aus irgendeinem Grund sich nicht mehr meldet! Über das Handynetz kann über GPS der Standort zugeordnet werden, allerdings sind an dieser Zuordnung Voraussetzungen gekoppelt: das Smartphone muss an sein, es muss GPS-fähig, und diese Funktion muss aktiviert sein, des Weiteren muss “Sichtkontakt” zum Satelliten vorherrschen. Das Smartphone zu orten ist dann nicht mehr möglich, wenn z.B. der Besitzer während einer Wanderung sich in einer tiefen Schlucht verirrt oder sich in einem Gebäude befindet, ohne Sichtkontakt ist ein Smartphone nicht mehr zu orten!
Es gibt eine weitere Möglichkeit ist die Ortung über Mobilfunkzellen. Das Smartphone, insofern es aktiviert ist und “Netzverbindung” hat, steht im ständigen Kontakt zu Mobilfunksendern. Es kann so mittels Datenstrom lokalisiert werden. Allerdings ist diese Methode sehr ungenau, denn das Smartphone kann sich im Umkreis von 1 bis 2 km um einen Mobilfunksender befinden. Die Ortung ist umso genauer, je dichter die Mobilfunksender beieinander stehen und mittels Triangulation ist der Standort genau bestimmbar. Eine weitere Schwierigkeit ist die zuverlässige Übertragung der “Notruf”-Daten an eine Rettungsleitstelle, wenn z.B., wie letzte Woche geschehen, das Telekom-Netz komplett ausfällt.
Nach der Mittagspause wurde im Rahmen einer Podiumsdiskussion “Der Weg zu einem barrierefreien bundesweiten Notruf” u.a. über die Gestaltung eines Notrufs diskutiert. Hier wurde die Frage aufgeworfen, soll die Notruf-App eine Chatfunktion enthalten oder gar eine Videofunktion, um mit Hilfe eines Gebärdendolmetschers die Feuerwehr anzufordern? Letztendlich sollte eine Notruf-App so einfach und simpel zu bedienen sein, dass im tatsächlichen Notfall lediglich zwei bis drei Fragen per Fingerwisch zu beantworten sind.
Am Nachmittag stellten verschiedene Notruf-App-Entwickler ihre Projekte vor. Weiterführende Informationen zum Thema und der Fachtagung können Sie auf der, zum Teil öffentlichen, Facebook-Seite http://t1p.de/gzis entnehmen!
Jörg Winkler